Fortführungsprognosen

Hintergrund / generelle Informationen zur Fortführungsprognose

Aus den rechtlichen Anforderungen des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Insolvenzordnung (InsO) haben sich in der Praxis verschiedene betriebswirtschaftliche Vorgehensweisen entwickelt, die die Beurteilung von erfolgreichem Turnaround Management standardisieren sollen. Die Standards für Sanierungskonzepte dienen zum einen der Operationalisierung der rechtlichen Anforderungen, sind aber zum anderen auch als originäre betriebswirtschaftliche Anforderungen anzusehen.

Als maßgeblicher Ersteller für Sanierungsstandards gilt das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW). Es vereint als eingetragener Verein Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deutschlands auf freiwilliger Basis. Ein Ziel des Instituts besteht unter anderem in der Entwicklung von fachlichen Regeln für die Berufsausübung zur Gewährleistung eines einheitlichen und hochwertigen Qualitätsniveaus.

Im Sanierungsumfeld gibt es eine Vielzahl von Standards. Teilweise belichten diese aber nur Teilaspekte oder Zwischenschritte einer Sanierung.
Folgende Aufstellung ist eine vereinfachte Zusammenstellung von Turnaround Management Partners:

Aufstellung Sanierungsstandards

*Die Passage zur Sanierungswürdigkeit, die in der IDW S 6-Fassung vom 20.08.2009 (Rn. 16) noch enthalten war, wurde in der Fassung des IDW S 6 vom 20.08.2012 restlos gestrichen. Auch die Rundschreiben der BaFin (MaRisk) fordern in der Fassung von 2009 und 2012 keine Beurteilung der Sanierungswürdigkeit mehr.

Quelle: TMP-Darstellung

Relevanz der Fortführungsprognose in der Restrukturierung

Insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose

Der Begriff der Fortbestehensprognose wurde erstmalig im Jahr 1992 durch den BGH verwendet. Er spricht bezugnehmend auf die Überschuldungsprüfung davon, dass „die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (Überlebens- oder Fortbestehensprognose)“ (BGHZ 119, 201, 215, Rn.15). Die Fortbestehensprognose steht somit in engem Zusammenhang mit den Insolvenzgründen der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO).

Mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) kommt der Fortbestehensprognose zunehmende Bedeutung zu, indem die Vorschrift des § 19 Abs. 2 InsO mit Wirkung vom 18.10.2008 einen ergänzenden Halbsatz erhalten hat. Überschuldung liegt demnach vor, wenn die bestehenden Verbindlichkeiten des Schuldners nicht mehr durch sein Vermögen gedeckt werden, „es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“. Im Falle einer positiven Fortbestehensprognose wird somit von der ausschließlichen Prüfung der rechnerischen Überschuldung Abstand genommen. Es kommt bei der Fortbestehensprognose weder auf die Überschuldung, noch auf positive Erträge oder die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens an, sondern ausschließlich auf dessen wirtschaftliche Überlebensfähigkeit, was am Ende zu einer reinen Liquiditätsbetrachtung führt.

Inhaltlich beantwortet die Fortbestehensprognose also die Frage, ob das Unternehmen unter Einhaltung aller Zahlungsverpflichtungen die geschäftlichen Aktivitäten nachhaltig fortführen kann. Nach den Empfehlungen des Fachausschusses „Recht“ des IDW sollte zuerst ein aussagekräftiges und plausibles Sanierungskonzept und dann eine auf dem Konzept basierende Turnaround Business Planung erstellt werden, um am Ende die Fortbestehensprognose aus dem Ergebnis der integrierten Business Planung abzuleiten.

Ein wichtiger Maßstab bei der Erstellung der insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose in der Praxis ist der Standard IDW S 11 (Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen). Dieser Standard ersetzt seit Beginn des Jahres 2015 den IDW PS 800 zur Beurteilung des Vorliegens einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und den IDW FAR 1/1996 zur Beurteilung des Vorliegens einer Überschuldung. Im IDW S 11 werden die rechtlichen Anforderungen an die Beurteilung einer Fortbestehensprognose operationalisiert, um bestehende Unsicherheiten bei der Erstellung dieser Prognoseaussage weitgehend einzugrenzen. Eine Fortbestehensprognose ist entsprechend „das qualitative, wertende Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des Unternehmens in der vorhersehbaren Zukunft“.

Als mittelfristigen Prognosezeitraum für die Fortbestehensprognose empfiehlt der Fachausschuss „Recht“ des IDW grundsätzlich das laufende und das folgende Geschäftsjahr.

Handelsrechtliche Fortführungsprognose (Going Concern)

Die Fortführungsprognose ist handelsrechtlich untermauert und beruht auf § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB: „Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.“ Dieser Grundsatz wird auch als „Going Concern“ bezeichnet. Hierbei wird nicht nur die liquiditätsorientierte Betrachtung der insolvenzrechtlichen Fortführungsprognose vorgenommen, um zu prüfen, ob nicht nur die Zahlungsfähigkeit gegeben ist, sondern es muss umfänglich geprüft werden, ob der Fortführung des Unternehmens ein Umstand im Wege steht. Demnach ist bezugnehmend auf die rechtlichen Gegebenheiten zur Einschätzung der Insolvenzantragsgründe nicht nur eine liquiditätsorientierte Betrachtung, sondern auch eine Reinvermögensvorschau vorzunehmen, um zu prüfen, ob nicht nur die Zahlungsfähigkeit (§ 17 InsO) gegeben ist, sondern auch ausreichend Vermögensmasse zur Schuldendeckung für den Prognosezeitraum vorhanden ist (§ 19 InsO). Die definitorische Komponente der Liquidität in der Fortbestehensprognose wird also in der Fortführungsprognose um den Aspekt der Verschuldung ergänzt. Zudem sind gesetzliche Verbote oder Vorgaben zu beachten, die der Geschäftstätigkeit Grenzen setzen und zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit führen könnten. Tatsächliche Gegebenheiten, die Zweifel an der Fortführungsfähigkeit aufkommen lassen, können in Gestalt technischer, politischer oder ökologischer Risiken für die Unternehmensfortführung auftreten. Damit geht die handelsrechtliche Fortführungsprognose deutlich über die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose hinaus.

Den wesentlichen Maßstab zur Beurteilung der handelsrechtlichen Fortführungsprognose bildet in der Praxis der IDW PS 270: „Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung“. Gemäß IDW PS 270 kann zusammenfassend dann von der Unternehmensfortführung ausgegangen werden, „wenn das Unternehmen in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erzielt hat, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und keine bilanzielle Überschuldung droht“. Der Prognosezeitraum für die Beurteilung dieser kumulativ zu erfüllenden Kriterien beträgt laut IDW PS 270 mindestens 12 Monate.

Unsere Dienstleistung

  • Erstellung Fortführungsprognose im insolvenzrechtlichen Sinne nach IDW S 11 (ehemals PS 800)
  • Erstellung Fortführungsprognose im handelsrechtlichen Sinne nach IDW PS 270
  • Unterstützung bei der Planerstellung für einen Planungszeitraum von mindestens 12 Monate (IDW PS 270, Stand 09.09.2010, Rn. 8) bzw. für das laufende und folgende Geschäftsjahr (IDW S 11 (2015), Rn. 65)
  • Unterstützung bei der Verhandlung/Vermittlung mit Gläubigern und ggf. Wirtschaftsprüfern (Going Concern)

Unsere Expertise

Bei der Planerstellung zur Fortbestehensprognose kombinieren wir – ausgehend von dem aktuellen Liquiditätsstatus (1) – bei der Liquiditätsbetrachtung bevorzugt die Planansätze der direkten Liquditätsplanung (2) für die nächsten 3 Monate mit eine integrierten Business Planung (4) für die Monate darauf. Üblicherweise besteht in Krisensituationen der Bedarf an einem Finanzierungskonzept (3) oder Restrukturierungskonzept, um die Durchfinanzierung für das laufende und das folgende Geschäftsjahr zu gewährleisten. Gerne prüfen wir für Ihr Unternehmen die Fortführungsprognose und unterstützen bei der Umsetzung der nächsten Schritte.

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